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Welcome to the Machine – BMW R 18

Der „Big Boxer“ von BMW Motorrad durfte in Bayern seine Straßenpremiere feiern. Wir waren dabei. Impressionen vom ersten Testdrive der R 18.

Text: Ralf Bielefeldt (ampnet).
Fotos: Daniel Kraus, Markus Jahn, Bernhard Limberger.

Für Edgar Heinrich dürfte es die entspannteste Präsentation seiner Karriere gewesen sein. Der Designchef von BMW Motorrad spielt normalerweise immer eine zentrale Rolle, wenn irgendwo auf der Welt eine neue BMW präsentiert wird. Ausgerechnet am Firmensitz in München reicht seine bloße Anwesenheit. Denn das Motorrad, um das es geht, ist bereits hinlänglich bekannt: die BMW R 18 – der neue BMW-Cruiser mit dem größten Boxermotor, den es jemals als Serienprodukt von BMW Motorrad gab. Optisch an die BMW R 5 von 1936 angelehnt, hätte der „Big Boxer“ eigentlich längst seine Fahrpremiere erleben sollen. Hätte – denn Corona hat der Mannschaft von Markus Schramm, dem Chef von BMW Motorrad, den für April 2020 geplanten Launch so richtig fett vermasselt.

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Der Cruiser für die BMW-Fans

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Chrome – wohin das Auge auch schaut.

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Der Ralle

Wartefristen schon jetzt bis Frühjahr 2022

Wie die gesamte BMW R 18 ist der große Boxer mit 1,8 Liter Hubraum „Berlin Built“. Gebaut in Berlin-Spandau, wo BMW Motorrad seit 1969 seine Bikes vom Band rollen lässt. In den vier Jahrzehnten zuvor passierte das in den Hallen, die heute von der BMW Group Classic genutzt werden – und im September dienten sie als würdiger Rahmen für die R-18-Weltpremiere vor Fachjournalisten. 1923 fertigte BMW hier sein erstes Zweizylinder-Boxermodell mit Kardanantrieb. Einen passenderen Ort für den Start der ersten Testfahrten mit der neuen BMW R 18 hätte es also nicht geben können.

400 Einheiten pro Woche laufen derzeit in Berlin vom Band, seit September 2020 werden die ersten Exemplare ausgeliefert. Mit der Fertigung kommt BMW kaum hinterher: Wer heute bestellt, bekommt seine R 18 im Frühjahr 2022. Der Grund für den Run auf den German Cruiser liegt auf der Hand: Die R 18 ist ein Motorrad wie gemalt. Und eine BMW wie keine andere. Tiefschwarz mit weißen Zierstreifen wie die Ahnen. Flach und gestreckt. Und irre präsent mit seinen riesigen Zylindern. Eine Ikone, die das Team um Chefdesigner Edgar Heinrich und Boxer-Papst Josef Miritsch da geschaffen hat.

Weiterdrehe der Heritage-Erfolgsgeschichte

Das 6-Gang-Getriebe entsteht auf einer Linie mit der Schaltbox der BMW R nineT. Der Erfolg der Heritage-Baureihe von BMW Motorrad legte den Grundstein für die BMW R 18. Anders als beim großen Cruiser gab es deren Motor allerdings schon vorher. Das komplett neu entwickelte 1802-ccm-Aggregat stellt schon rein optisch alles in den Schatten, was BMW bislang zwischen zwei Räder pflanzte. Mächtige Stirnseite – „Heldenbrust“ genannt, ambossartig abstehende Zylinder – das Triebwerk ist wie die gesamte BMW R 18 ein Unikum in der Cruiser-Szene. Bislang vereinnahmt Harley-Davidson die mit seinen „Milwaukee Eight“-Twins, gefolgt von US-Mitbewerber Indian und seinen „Thunderstroke“-Motoren.

BMW Motorrad möchte sich jetzt ein großes Stück vom renditeträchtigen Cruiser-Kuchen abschneiden. Weltweit fallen 25 Prozent aller Motorräder über 500 Kubik in dieses Segment. Und in dem zählt neben bulligem Drehmoment vor allem Optik. Der imposante Auftritt der BMW R 18 ist so gesehen schon mal die halbe Miete. Edgar Heinrichs Part am Erfolg des neuen Bikes ist also erledigt, jetzt ist Josef „Sepp“ Miritsch an der Reihe.

91 PS (67 kW) bei 4750 Touren, 158 Nm bei 3000 Touren – die Leistungsdaten der BMW R 18 versprechen einen Punch vom Allerfeinsten. Mindestens 150 Nm liegen bereits ab 2000 Umdrehungen pro Minute an. Die Höchstgeschwindigkeit gibt BMW mit „über 180 km/h“ an. Makulatur in dieser Klasse. Vmax ist hier nicht die Währung, sondern Arme langziehen beim Beschleunigen. Und das tut die BMW R 18 in beeindruckender Weise. Bis 3.000 Touren vibriert es beim beherzten Gasgeben spürbar im Lenker. Danach signalisiert dir die Sitzbank durch kräftige Vibrationen: Hochschalten! Jetzt! Präziser und unmissverständlicher als jede elektronische Schaltanzeige. Das zentrale Instrument hat BMW Motorrad bewusst schlicht und rund gehalten wie den Scheinwerfer.

 

 

Kehliger Bass und das Volumen einer Oktoberfest-Mass

Schon das Keyless-Starten ist ein Erlebnis: Rechts den „On“-Knopf aktivieren, dann flammt das Rundinstrument auf, die Tachonadel schwingt einmal ans Ende der Skala (200 km/h) und flappt zurück. Jetzt Kupplung ziehen, sonst passiert nix, wenn man die Starttaste drückt. Und das ist auch gut so: Schlagend wie ein Schiffsdiesel nimmt der Big Boxer die Arbeit auf. Hätte man dabei nicht beide Hände am Lenkrad, könnte der unvermittelte Hüftschwung die 345 Kilogramm schwere BMW unvermittelt zu Boden werfen. Hin wären sie, die chromblitzenden Zylinderkopfdeckel der 22.225,21 Euro teuren „First Edition“, die mit den endlos langen Fishtail-Auspuffrohen dieser Auftakt-Sonderserie um die Wette glänzen.

Mit kehligem Bass erwacht die R 18 zum Leben. Der Lenker schüttelt sich im Rhythmus des Big Boxers, der rechts und links fast das Volumen einer „Oktoberfest-Mass“ erreicht. Bis 3.000 Touren jagt er beim beherzten Gasgeben spürbar Leben durch den breiten Chromlenker. Die Instrumente hat Edgar Heinrichs Team bewusst schlicht und rund gehalten wie den Scheinwerfer, wie eigentlich alles an dem bemerkenswert aufgeräumten Bike.

Die Elektrik für Blinker und Co. läuft unsichtbar durch den breiten Lenker. Alles ist schier und schlicht und reduziert. Einzig der externe Ölkühler unterhalb des Motorblocks wirkt, als hätte man sich erst spät seiner Notwendigkeit besonnen. Sei’s drum: Schwarz lackiert fällt das Teil nicht wirklich auf. Dafür ist die Maschine insgesamt viel zu imposant und präsent. Ein ikonischer Wurf, der BMW Motorrad da gelungen ist.

Einmal kernig angasen, schalten, gut is’

Mit 2.000 Touren brabbelt der Big Boxer bei 100 km/h im 6. Gang vor sich hin. Reißt man den Hahn auf, baut er sofort Leistung auf. Im Drehzahlbereich von 2.500 bis 3.700 Umdrehungen pro Minute zieht der Sound merklich an. Verbotsschilder am Kurvenstreckenrand wird es wegen der R 18 dennoch nicht geben. Das Standgeräusch liegt bei 95 dB. Die meisten Fahrer werden sich mit weniger als 3.000 Touren begnügen. Dann macht der Big Boxer am meisten Spaß. Einmal kurz ran ans Gas, kernig angasen, schalten, gut is’. Das ist schon ganz großes Antriebskino.

„Authentizität war uns sehr wichtig bei der R 18“, sagt Josef Miritsch, der bei BMW Motorrad die Heritage-Projekte und Boxermotoren verantwortet. „Natürlich muss die R 18 fahren und bremsen wie eine BMW, sie muss aber auch für den Spirit des ganzen Projekts stehen.“ Also back to the roots. Mit offendrehender Kardanwelle und durchaus raubeiniger Boxer-Attitüde. Bei rund 30 Grad Schräglage signalisieren die beweglichen Fußrasten Bodenkontakt. Wer Kurven sauber anfährt, kommt überall problemlos durch.

 

 

Rock und Roll im Münchener Hinterland

Drei Fahrmodi hat BMW Motorrad für die BMW R 18 kreiert: Rain, Roll und Rock alias Regen, Straße und Schmackes. Ausgeheckt hat die kleine Wortspielerei der BMW-Motorrad-Chef persönlich. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal für’s Cruisen begeistere“, sagt Markus Schramm. Der ausgewiesene Superbike-Sympathisant gehört zu den R-18-Jüngern der ersten Stunde: Er hat gleich zu Anfang eine First Edition geordert. Und fährt sie auf Kreta, wo sein Ferienhaus steht.

Im Rock-Modus hängt der Big Boxer spürbar direkter am Gas als im Roll-Mood. Rain nimmt noch mal deutlich Schub raus beim Beschleunigen. Der Verbrauch bei den Testfahrten ist moderat: 6,1 l/100 km weist der Bordcomputer aus. Im Datenblatt stehen 5,6 l/100 km. Bremsen und Regelsysteme sind BMW-typisch state of the art: Vorn packen zwei, hinten eine 300er-Bremsscheibe zu. Das ABS arbeitet teilintegral. Bedeutet: Der Griff zur Vorderradbremse verzögert zeitgleich das Hinterrad. In den allermeisten Fällen reicht bereits die gut dosierbare Hinterradbremse. Cruiser-typisch ist sie stärker ausgelegt als bei anderen Fahrzeuggattungen.

Auf Wunsch gibt es eine Berganfahrhilfe und einen Rückwärtsgang. Er wird über einen Hebel links auf Motorhöhe im Leerlauf eingelegt, per Starterknopf geht es dann surrend zurück. Erstaunlich ist die ungefilterte Antriebs-Attitüde der R 18: Auf keiner anderen BMW bekommt der Fahrer so sehr das Gefühl, eher Maschinist als Passagier zu sein. Wer gedacht hat, BMW liefert mit dem Big Boxer eine weichgespülte Antwort auf Harley-Davidson und Indian, irrt gewaltig. R-18-Fahren ist im wahrsten und besten Sinne ein Erlebnis. Und interpretiert das Cruisen auf bayrische Art neu: Der breite Boxer verhindert, dass man die Beine segmentkonform ausstreckt beim Fahren. Sie verharren kurz vor den Zylinderköpfen, wie bei jedem anderen Boxermodell auch. Auf der Zubehörliste gibt es Sturzbügel mit einer Art Beinablage oberhalb der Mass-Zylinder.

Auch beim Vertrieb geht das „Berlin Built“-Bike neue Wege, zumindest in den USA: Dort arbeitet BMW Motorrad mit Harley-Davidson-Dealern zusammen. Die ersten 15 Mehrmarken-Händler wurden bereits verpflichtet. Schramm sieht es markenneutral: „Kein Harley-Fahrer muss seine Maschine für die R 18 verkaufen. Es reicht uns vollkommen, wenn er sie einfach mit in die Garage stellt.“ Vertrauensbildende Maßnahmen haben die Bayern über das unerlässliche Customizen bereits in die Wege geleitet: Die optionalen Auspuffanlagen stammen von Vance & Hines, die Sitzbänke von Mustang, die Aluminium-Frästeile von Roland Sands Design. Allesamt sind „Made in USA.“ So geht „Buy American“ heute.

Datenblatt

Daten BMW R 18

Motor: Zweizylinder-Viertakt-Boxer, 1802 ccm, luft-/flüssigkeitsgekühlt
Leistung: 67 kW / 91 PS bei 4750 U/min
Max.
Drehmoment: 158 Nm bei 3000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: >180 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 4,8 s.
Getriebe: sechs Gänge
Antrieb: Kardan, offendrehend
Tankinhalt: 16 Liter
Sitzhöhe: 690 mm
Gewicht: 345 kg (fahrbereit)
Normverbrauch: 5,6 l/100 km
CO2-Emissionen: 129 g/km
Testverbrauch: 6,1 l
Bereifung: 120/70 R19 bzw. B19 (v.) / 180/65 /B16 (h.)
Preis: 22.225,21 Euro (zzgl. NK)

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